Die unscheinbare Königin

Die sichtbare Königin unter den Pflanzen in unserer abendlänischen Kultur ist die Rose. Ihre Blüte und ihr Duft betören uns und so sind in unserer Kultur viele Sorten entstanden. Die unsichtbare Könign der Pflanzen jedoch ist die Brennessel. Sie ist die Königin der Heilpflanzen, die oft verkannt und gemieden wird. Auslöser sind ihre Brennhaare, die wir kaum wahrnehmen, aber bei Berührung ein unangenehmes Brennen auf der Haut spüren. Das austretende Histamin erzeugt Quaddeln auf der Haut, die nach einiger Zeit wieder verschwinden.

Brennhaare

Die Brennessel wächst auf nährstoffreichen Böden und sie versucht sich vor Fressfeinden durch ihre Brennhaare zu schützen. Ihre feingesägten Blätter werden als Tee verwendet. Dabei sind die Inhaltsstoffe eisenhaltig, sie wirken schmerzstillend, entzündungshemmend und immunstimulierend. Während die Blätter vom Austrieb im Frühjahr an bis zur Blüte verwendet werden, können die Früchte der weiblichen Pflanzen im Herst geerntet werden. Getrocknet können die winzig kleinen Nüsschen im Winter als geistige Stärkung verzehrt werden.

Brennesselfruechte

Aus den Stengeln der Nessel, vor allem der großen Brennessel, wurden vor der Industriealisierung im Herbst die Fasern gewonnen und die Fäden der Nessel gesponnen. Das Nesselgewebe bildete die Grundlage der “arme Leute Kleidung”, es wurde für Polster und die Segel der Schiffe verwendet. Das Besondere an dem Nesselgewebe ist seine Reißfestigkeit.

In ihrer Umgebung verbreitet sich die Brennessel durch Ausläufer und ihre Samen. Ihre männlichen und weiblichen Blüten sind eher unscheinbar, aber das gleicht die Brennessel aus: Sie ist für die Raupen des Admirals und des Tagpfauenauges unverzichtbar als Nahrungsgrundlage und so fliegen am Ende im Sommer die Schmetterlinge als “fliegende Blüten” und bezaubern mit ihrer Leichtigkeit.

Die Brennessel schenkt uns ihr unsichtbares Prinzip der Sinnhaftigkeit des Lebens: Sie dehnt sich aus, reduziert sich auf das Wesentliche, sie kann sich schützen und sie schenkt mit der Metarmorphose des Schmetterlings neue Lebensformen und uns ein Bewußtsein für die Verwobenheit des Lebens mit ihren vielfältigen Zyklen.

In der Mythologie der Germanen ist diese heilige Pflanze dem Gott Thor geweiht und damit mit dem Planeten Jupiter verbunden. Der Gott Thor segelte mit dem Schiff und seinen Segeln aus dem Nessegewebe über das Meer. Heute wird sie von vielen Menschen, die sich mit Astrologie beschäftigen, dem Kriegsgott Mars oder Tyr geweiht. Die Betrachtung der Brennhaare und der Eisengehalt der Blätter stehen dabei im Vordergrund und die Grundlage bildete der Herr Culpeper, ein alter Heilkundiger, mit seiner Sammlung der Heilpflanzen in einem Buch zusammen gehalten. Es scheint, als ob eine Wahrnehmungsebene der fruchtenden und webenden Nessel der einfachen Leute verloren gegangen ist. Diese Ebene reicht viel weiter zurück bis zu den Nornen, die die Fäden gesponnen haben. Und gerade heute brauchen wir die Verbindung untereinander: Eine Verbindung, die reißfest ist, den Stürmen stand hält und kreativ webt!

weitere Anregung zu fruchtenden Pflanzen:
Fruchtende Pflanzen - Plants bearing fruits
Pflanzenposter mit Pflanzenillustrationen und Kurztexten
Astrologiegärten