Die Wiederentdeckung des Leinen

Nicht zuletzt der sehr warme Sommer und unser Bewusstsein für Nachhaltigkeit tragen dazu bei, dass wir uns verstärkt mit Stoffen aus Naturfasern umgeben. Neben der Bekleidung rückt da auch die Bettwäsche und neben Decken auch der Stoff von Bezügen ins Blickfeld. Das meistverwendete Material aus Naturfasern ist die Baumwolle. Den Baumwollstoffen verdanken wir aufgrund ihrer guten Anfärbbarkeit, ihrer Festigkeit und Spinnbarkeit eine weltweite Verbreitung. Es werden jährlich etwa 21 Millionen Tonnen Baumwolle in Indien, China und den USA als Hauptanbauländern produziert. Der Anteil an Biobaumwollfasern ist dabei mit 100 000 Tonnen oder 0,5% des Gesamtanteils der Baumwollproduktion verschwindend gering. Neben der Verwendung von Biobaumwolle gibt es eine Reihe weiterer Pflanzenfasern, die heute ebenfalls als Nische langsam wiederentdeckt werden. Dazu gehören neben dem Lein, der Hanf und die Nesselgewächse.

Fasern aus der Sproßachse

Während sich die Haare der Baumwolle in den Samenkapseln der Pflanzen befinden, die bei der Biobaumwolle von Hand geerntet werden, wird bei der Ernte von Lein, Hanf und den Nesseln die ganze Pflanze aus dem Boden gezogen. Um die Faserbündel des Sprosses zu isolieren, werden die Pflanzen einem sogenannten Röstverfahren unterzogen. Alle Rinden und Holzteile werden dabei von den Fasern gelöst. Dann können diese Fasern genau wie die Baumwollfasern versponnen werden.
In Europa gewinnt Lein wieder an Bedeutung und wird verstärkt in Frankreich, Großbritannien, Belgien und Russland angebaut. Der Hanfanbau war lange in Europa wegen seiner hallozinogenen Wirkung verboten. Dabei enthalten die für die technische Nutzung angebauten Sorten wenig halluzinogene Wirkstoffe. Die Brennessel wurde bis 1720 als Faserpflanze in Europa angebaut und gewinnt jetzt im Hinblick auf die Entwicklung nachwachsender Rohstoffe wieder an Bedeutung. Die mit der Brennessel verwandte Ramiepflanze wird trotz der schwierigen Faserisolierung in China, Brasilien, Japa und Taiwan zunehmend angebaut.

Verwendung der Pflanzenfasern

Ramie und Leinenstoffe werden für Bettwäsche und leichte Bekleidung verwendet, weil sie kühlend wirken. Das feste Leinentuch, das besonders in Irland und Deutschland hergestellt wurde, ist heute nur sehr selten zu finden. Im Gegensatz zu früheren Zeiten wird Leinen heute in vielen Farben angefärbt. Einziger Wehrmutstropfen ist das Knittern des Leinens.
Während die ersten Jeans noch ganz aus Hanf gefertigt wurden, so sind sie heute meist aus Baumwolle und damit elatischer, aber auch weniger lange haltbar. Es gibt auch aber Mischgewebe aus Hanf und Baumwolle im Bio-Bereich, wobei beide Eigenschaften kombiniert werden. Darüber hinaus wird Hanf bei Tauen und Seilen verwendet. Die Brennesselstoffe werden im Bereich der Berufskleidung, Polsterung, aber auch für Zeltbahnen verwendet. Darüber hinaus finden sie als Faserverbundstoffe in der ökologischen Bautechnik Verwendung.

Pflanzenauswahl Eigenschaften
Linum usitatissimum, Faserlein, Flachs kühlend durch hohe Wärmeleitfähigkeit, knitternd
Cannabis sativa, Hanf hohe Haltbarkeit, geringe Elastizität
Urtica dioica, Brennessel hohe Reißfestigkeit, etwas rauh durch Rindenteile an den Fasern
Boehmeria nivea, Ramiepflanze kühlend wirkendes Gewebe, geringe Elastizität

Ramiepflanze
Ramie ist eine Nesselart ohne Brennhaare und kommt aus China.

Unser Beitrag zur Nachhaltigkeit und Vielfalt

Wir haben die Wahl! Wir können uns bewusst für nachhaltig produzierte Bekleidung und Bettwäsche entscheiden. Mit unserer Entscheidung können wir einen Beitrag zum lokalen Anbau und seiner Produktion leisten und durch unsere Nachfrage gezielt etwas verändern. Es ist wie immer am Anfang eine Umstellung und vielleicht etwas mühselig, nachhaltig produzierte Produkte zu finden. Wenn viele von uns bereit sind, einen etwas höheren Preis zu zahlen und vielleicht ein bischen weniger zu konsumieren, können wir gemeinsam in vielen kleinen Schritten etwas verändern. Die Bereitschaft zur Veränderung beginnt in uns selbst.

Pflanzenfasern finden sich unter den ausgleichenden Pflanzen, den Pufferpflanzen sowie den fruchtenden Pflanzen:
Pflanzen für die Balance - Balancing plants
Puffer Pflanzen- Buffer plants
Fruchtende Pflanzen - Plants bearing fruits
Pflanzenposter mit Pflanzenillustrationen und Kurztexten