Von der Reise des Paradiesapfels

Der wärmeliebende Paradiesapfel wurde erstmals von den Mayas kultiviert und als Nahrungsmittel genutzt. Später haben die Azteken die Kultur übernommen und Anfang des 16. Jahrhunderts kam der Paradieapfel dann mit den Schiffen des Kolumbus nach Europa und fand dort als Zierpflanze und Aphrodisiakum eine ganz andere Verwendung. Erst mit dem 19. Jahrhundert verloren die Menschen in Nordamerika und Nord- und Mitteleuropa ihr Misstrauen gegenüber der anschwellenden und sich dann zunehmend rot verfärbenden Frucht, die nun Tomate heisst. Der Name stammt vermutlich von der Namensgebung der Azteken, die die Frucht “Xitomatl” genannt haben.

Wie die Tomate an Bedeutung gewann

Erst seit die Tomate aufgrund umfangreicher Züchtungen große, geschmackvolle und saftige Früchte hervorgebracht hat, wurde sie in großem Umfang kultiviert. Mit der Idee des Ketchup und der Entwicklung der Pizza als beliebtem Gericht begann der kometenhafte Aufstieg der Tomate. Die industrielle Produktion begann 1876 in den USA, während die Pizza ihren Siegeszug von Neapel um 1880 startete. Die wärmeliebende, einjährig kultivierte Südamerikanerin ist heute für die Fast Food Industrie unverzichtbar und die weltweite Gesamtproduktion steigt jährlich. Ein Drittel der Früchte wird heute in China produziert und gelangt als Tomatenmark über Italien nach Europa. Die Früchte für unseren Salat werden in Europa im Freiland und unter Glas herangezogen.

Gift und Heilwirkung

Wir essen die Tomate, weil sie reich an Mineralstoffen und Vitaminen ist. Solange die Früchte grün sind, sind sie für uns hingegen giftig. Die Tomate gehört zu den Nachtschattengewächsen und diese Familie schützt sich vor Freßfeinden, indem sie Alkaloide produziert. Das Gift der Tomate nennt man Solanin und der Verzehr von unreifen Früchten führt zu Übelkeit und möglicherweise zu Erbrechen. Die Familie enthält aber noch andere giftige Pflanzen, deren Verzehr für uns tödlich enden kann und daher war man im Mittelalter zunächst gegenüber der Tomate bezüglich des Verzehrs eher vorsichtig.

Die Tomate enthält auch das Lycopin, ein Carotinoid, dem eine antioxidative Wirkung nachgesagt wird. Präventiv kann Lycopin dabei helfen, Herz-Kreislauf Leiden, Arteriosklerose und Osteoporose vorzubeugen. Da Lycopin auch vor DNA-Schädigungen schützt, soll möglicherweise die Entstehung von Krebs gehemmt bzw. veringert werden. Diese Ergebnisse sind jedoch umstritten. Denn nicht der Wirkstoff allein kann etwas bewirken, sondern die Verbindung, also die ganze Tomate.

Wenn die Tomaten rot werden, wird das Alkaloid Solanin in den Früchten abgebaut. Die Pflanzen tun dies, damit sie von Vögeln verzehrt werden und ihre kleinen Samen möglichst weit verbreitet werden. An uns als Verzehrer haben sie dabei eigentlich nicht gedacht.

Hummel an Tomatenbluete

Wie die Bestäubung unter Glas gelingt

Wir haben uns heute von den Naturzyklen weiter entkoppelt als uns das bewusst ist. Dadurch, dass wir überwiegend in Innenräumen leben und arbeiten, ist die Verbindung zu den Rhythmen der Natur unterbrochen. Zudem ist das Nahrungsangebot weniger saisonal als vielmehr ganzjährig konstant zu sehen. Die Tomaten werden heute ganzjährig produziert und damit größtenteils unter Glas. Das hat Vorteile: Der kontrollierte Anbau führt zu reduziertem Wasserverbrauch und dem Ausschluss von Schädlingen. Aber es gab das Problem der Bestäubung: Im Gewächshaus gibt es keinen Wind, technische Varianten haben versagt und eine Bestäubung von Hand wäre zu aufwendig. Der optimale Bestäuber der Tomaten ist die Hummel: Sie erzeugt an der Blüte der Tomate Vibrationen und entlockt der Blüte jeweils den Pollen, so dass eine gute Befruchtung aller Blüten sicher gestellt ist. Es ist seit 1985 gelungen, Hummeln ganzjährig aktiv zu halten und so bestäuben heute viele Hummelvölker das ganze Jahr über fleißig die Tomaten unter Glas. Nicht nur wir Menschen haben uns von Rhythmen der Natur entfremdet, auch die Hummeln und viele Haustiere leben heute ein “Kulturleben” ebenso wie die Tomaten in den Gewächshäusern. Und so endet die Reise der Tomate als ganzjährig angebotene Frucht, mit Millionen Tonnen jährlicher Produktion und weltweitem Konsum.

weitere Anregung zu Nachschattengewächsen & Co.:
Pflanzen der Nacht - Nocturnal plants
Pflanzenposter mit Pflanzenillustrationen und Kurztexten