Vom Kreis zur Spirale

Die Zahl an Menschen, denen wir vertrauen, ist begrenzt. Auch die Zahl der Pflanzen, die wir gut kennen und schätzen ist klein. Und selbst, wenn wir ganz viele Pflanzen kennen, so können wir in einem bestimmten Moment nur eine geringe Anzahl abrufen. Es scheint so, als gäbe es eine “innere” Begrenzung. Auch ein Heilprktiker oder Therapeut arbeitet nur mit einer begrenzten Zahl an Pflanzen. Die Vielfalt und Kreativität der Pflanzen ist aber scheinbar grenzenlos und ständig im Wandel. Der unterschiedlichen Art und Weise der Betrachtungen und Verknüpfungen von Informationen scheinen auch keine Grenzen gesetzt zu sein. Also ist es unsere Aufgabe, zu entscheiden, was uns hilft und was wir brauchen. Wir bilden meist unbewusst einen Kreis oder wir ziehen eine Grenze.

Wir ziehen diese Grenze aber nicht nur einmal oder endgültig, sondern wir bilden laufend “Kreise”: Jedes Jahr entscheiden wir, was wir anziehen wollen, was wir anschaffen, wovon wir uns lösen und was wir tun wollen. Und wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten, dann müssen wir neue Entscheidungen treffen. Ganz viele Kreise miteinader verbunden werden zu einer Spirale: Unserer Spirale des Lebens! Dies ist ein langer, eigentlich immerwährender, und langsamer Prozess und erinnert an das spiralförmige Schneckenhaus.

Im Eifer und unter Druck treffen wir manchmal falsche Entscheidungen oder wir überschreiten unsere Grenzen. Wenn wir Probleme mit Grenzziehungen und Entscheidungen haben oder aus dem Gleichgewicht geraten sind, dann tauchen Pflanzen auf, die uns beruhigen wie der Baldrian oder die unser Immunsystem stärken wie der Holunder. Diese Pflanzen brauchen wir, denn die Grenzziehung ist oft ein komplizierter Prozess. Zunächst versuchen wir, auftauchende Probleme zu ignorieren und wenn das nicht mehr geht, dann beginnen wir mit der Abwehr. Wir schieben Entscheidungen auf, bagattelisieren Probleme und sagen häufig “das ist ja nicht so wichtig” oder “andere machen das auch” und “ich will ja nur…”.

In der Phase der Abwehr begegnen wir den Disteln, die mit ihren Dornen Fressfeinde abwehren und sich selbst eigentlich nur schützen und damit stärken wollen.
Morina, eine Distel, zeigt, dass es kein Widerspruch ist, zart zu blühen und sich dornig zu schützen und seine Grenzen zu ziehen.

Morina longifolia

Wenn wir es aber nicht schaffen mit diesem “Abwehrriegel” zu blühen und uns buchstäblich im Kreis drehen, dann müssen wir uns mit einer Situation auseinandersetzen, unser Wissen erweitern und damit uns selbst die Möglichkeit eröffnen, unsere Einstellung zu ändern. Das Ergebnis einer Veränderung sehen wir oft erst viel später. Im Gemüsegarten dauert es vom Entschluss, bestimmte Pflanzen zu säen bis zu deren Ernte meist ein Jahr und das ist schnell! Die “Turmschnecke” ist in der Regel viel langsamer unterwegs… Eine erfolgreiche Veränderung erkennen wir daran, dass wir selbst wieder wachsen und blühen und vielleicht Früchte tragen, deren Saat dann in weiteren Jahren aufgeht.

Als Gemüse kann uns der Feldsalat zeigen, dass es auch im August und Anfang September bei kühleren Temperaturen noch möglich ist, zu wachsen. Im Gartenbau stellt der Rapunzel eine Nachkultur dar, die eine Kulturdauer von 8 Wochen hat und erst das Wachstum einstellt, wenn 8 °C unterschritten werden. Im übertragenen Sinn ist es auch für uns selbst nie zu spät, etwas Neues zu beginnen, uns selbst neu Herauszufordern und zu wachsen! So wie im Märchen Rapunzel, das Mädchen Rapunzel aus eigener Kraft ihr Leben zum Blühen bringt, können auch wir, indem wir uns unseren Ängsten stellen, uns selbst zum Ausdruck bringen und klar und einfach wie der Feldsalat wachsen.

Feldsalat

weitere Anregung zur Grenzziehung mit Pflanzen:
Grenzziehung mit Pflanzen - Drawing the line with plants
Pflanzenposter mit Pflanzenillustrationen und Kurztexten