Zwischenräume

Zwischen dem Winter und dem Frühling mit dem Austrieb der vielen Knospem an Sträuchern und Bäumen gibt es eine Lücke oder einen Zwischenraum. Im Februar, März und April, wenn der Schnee schmilzt und die Zeit der starken Nachfröste langsam weniger wird, beginnt die Zeit der Frühjahrsblüher.

Es kostet viel Energie schon ganz früh im Jahr ohne die zunehmende Wärme der Sonne auszutreiben und zu blühen. Doch viele kleine Pflanzen haben es sehr eilig und auch die Produzenten von Schnitttulpen für die Vase, versuchen vor der Zeit ihre Tulpen blühen zu lassen.

Vom Brechen der Kälte

Wenn man klein ist und die Bedingungen, im Licht zu blühen, nur von kurzer Dauer sind, dann muss man sich beeilen. Das ist jedenfalls das Motto der Buschwindröschen, der Krokusse und Schneeglöckchen. Ehe sich im Wald der Lichteinfall durch den Austrieb der Bäume wieder drastisch reduziert, wachsen und blühen die Buschwindröschen, der Lerchensporn, das Scharbockskraut und andere kleine Pflänzchen. Noch ehe der Schnee ganz geschmolzen ist, wagen sich die grünen Spitzen der Schneeglöckchen und Krokusse aus der Deckung. All ihre Energie holen die kleinen Pflanzen aus ihren Knollen, Rhizomen oder Zwiebelchen, in denen auch die Blüten und Blätter bereits gegen Ende des letzten Sommers angelegt waren.

Was können wir von den kleinen Pflänzchen lernen?

Wenn eine Veränderung erfolgt, so wie beim Auslichten der Sträucher, dann wirkt das zunächst radikal. Wir müssen etwas entfernen und Platz schaffen für Neues. Dann müssen wir uns vorbereiten auf das, was neu folgen soll ehe wir säen und pflanzen. Zwischen dem Neuen und dem Alten gibt es immer eine Lücke oder einen Zwischenraum, in dem das Alte verabschiedet wird und die Leere zugelassen wird. Dann folgen Vorbereitungen und Pläne, ehe das Neue angelegt und viel später dann sichtbar wird.
Häufig ist uns nicht bewusst, dass jede Veränderung aber auch Wandlung immer einen Bruch bedeuten. Instinktiv wehren wir uns gegen die Veränderung bei uns selbst und bei anderen Menschen, deren Änderung ja dann auch etwas mit uns zu tun hat. Wir wollen die Leere und die Ungewissheit nicht zulassen und beginnen sie häufig durch Konsum zu füllen. Dazu zählen auch die gekauften Schnitttulpen lange vor ihrer Zeit. Dieser Konsum lenkt uns ab von unserer eigentlichen Arbeit: Lösung, Vorbereitung und Ideen entwickeln und zulassen. Die intensive Beschäftigung mit dem Verabschieden und der anschließenden Entwicklung neuer Ideen und Vorstellungen kann uns klären und etwas Neues kann nach einer Pause oder Ruhezeit langsam Gestalt annehmen.

Schritte der Veränderung Beispiel Zwiebel
Lösen oder Entfernen Frühjahrsblüher beginnen nach der Blüte Nährstoffe einzulagern und die Blätter welken und lösen sich
Sammeln oder Vorbereitung nach Absterben der Blätter beginnt die Entwicklung neuer Zwiebeln und der Blütenanlage
Ideen oder Planen die neue Blütenanlage wird vollständig bis zum Spätsommer zuende geplant
Pause und neue Entwicklung bei kühler und trockener Zeit ruht die Zwiebel und erst gegen Ende des Winters treibt sie aus und “entwickelt” sich

Lettering Transformation

Von der Kultur der Tulpenzwiebel

Im Frühjahr hat die Kultur der Tulpen, die Tulpenzwiebeltreiberei, eine große Bedeutung in den Niederlanden. Die Tulpen, die wir als Strauß kaufen, wachsen nicht auf dem Feld, sondern in Kisten. Je nach Sorte werden die Tulpen nach der Blütenanlage im Herbst in Kisten gesteckt und kühl gelagert. Wenn eine bestimmte Kälteperiode vorbei ist, werden die Tulpenkisten in Gewächshäuser gebracht und temperaturgesteuert angetrieben. So kann wochenweise ständig neue Ware produziert werden. Wenn die Knospen dann leicht ihre Farbe erkennen lassen, werden sie von der Zwiebel getrennt, gebündelt und verkauft. Die Tulpen auf den riesigen Tulpenfeldern werden zur Produktion neuer Zwiebeln im Herbst ausgepflanzt und kurz nach der Blüte gemäht, so dass alle Kraft in die neuen Zwiebeln geht. Diese werden dann im Spätsommer nach der Blütenanlage gerodet und entweder für die Treiberei gelagert oder auch an die Blumenmärkte verkauft.

Probleme bei der Veränderung

Bei der Kultur der Tulpe gibt es zwei Probleme: Zum einen reagieren die Zwiebeln auf Feuchtigkeit mit Fäule und Schimmel und zum anderen kann es passieren, dass die Tulpen zu früh vom Feld geholt werden oder die Kühlperiode zu kurz war. Um Feuchtigkeit zu verhindern, werden die Zwiebel meist auf Sand gesetzt, so dass sie nicht im Nassen stehen. Sollten die Zwiebeln zu früh vom Feld kommen, dann ist ihre Blütenanlage nicht fertig und sie bildet nur Blätter. Ist hingegen die Kühlperiode zu kurz, dann bleiben die Blüten stecken.
Auch bei unseren Veränderungen können übertragen zwei Probleme auftauchen: Wir können nur frei in unsere “neue” Vorstellung gehen, wenn wir mit unserer alten Vorstellung wirklich gebrochen haben. Wir erkennen das daran, dass bei einer Erinnerung an eine alte Situation keine Emotion mehr da ist. Wenn da noch Wut, Hass, Angst etc. ist, dann ist etwas “faul”. Und wir können unsere neuen Vorstellungen nur gut umsetzen, wenn unsere Vorbereitungen abgeschlossen und unsere Ziele klar sind. Nur wenn Kopf und Herz gemeinsam in eine Richtung gehen und wissen, was sie wollen, dann kann es klappen! (Sonst bleiben wir stecken oder irren planlos umher.)

Anregungen zur Zwischenzeit:
Zwiebeln und Knollen zeigen uns: Vor jedem neuen Blühen liegt eine Zeit der Lösung, Sammlung, Neuorientierung mit tollen Ideen und eine Pause!